Die Sache mit den Bouquets

Ich möchte ein kleines Gedankenexperiment mit euch unternehmen. Schließt die Augen und stellt euch Folgendes vor…



DAS WAR NICHT WÖRTLICH GEMEINT, LEST DEN VERDAMMTEN TEXT !

Sinfoniekonzert: Der letzte Takt wurde soeben ausdirigiert, das Orchester steht auf ein Zeichen hin gemeinsam auf, nimmt dankend den jubelnden Schlussapplaus entgegen. Die Musizierenden werden gefeiert. Es folgt ein Ritual der wiederholten Ab- und Aufgänge, das Orchester wartet derweil brav und setzt sich, einzelne Instrumente(ngruppen) dürfen aufstehen für besonders herausragende Leistungen / Soli. Und dann kommen die unvermeidlichen Blumen – manchmal auch Wein, aber meist sind es doch Blumen.
[Bringt man so ein Geschenk nicht zu / vor dem Date mit? Und: Haben denn alle, die ein Dirigierstudium hinter sich haben, automatisch auch ein Faible für Schnittblumen?!]
Dabei werden Handschlag, Umarmung oder Küsschen ausgetauscht und wenn die beschenkte Person die Blumen (niemals: den Wein!) nicht ausnahmsweise ins Publikum wirft oder sich vegetarisch ernährt und das Grünzeug selbst behält, dann werden diese als Zeichen der Demut und des Respekts vor der gemeinsamen Leistung ins Orchester weitergereicht. Oft an die ersten Pulte der Streichergruppen, aber je nach Motivation auch mal bis tief in die Holzbläserreihen hinein oder hinter zur Harfe. Wenn sich nur irgendjemand mal zu meinem Feierabend so überschwänglich bedanken würde.

🙄



So, ihr dürft die Augen wieder öffnen und mir ein paar Fragen beantworten:
a) Wie habt ihr euch das Metronom auf zwei Füßen, also die dirigierende Person vorgestellt?
b) Und wie die blumentragende Person?
c) Wer hat den Strauß im Orchester bekommen?
d) Wer hätte den Wein weitergereicht bekommen?

Mein Tipp:
a) (mittel)alter Mann
b) jüngere, durchaus attraktive Frau
c) Orchestermusikerin
d) Orchestermusiker

Es geht mir hierbei gar nicht darum, den Alltags-Sexisten in uns allen zu entlarven und laut “HA!” zu rufen, sondern nur ein klein wenig für das Thema anhand eines Praxisbeispiels auch im Kulturbetrieb zu sensibilisieren.
– keine Pointe –

Philipp Krechlak

Intelligent, charmant, gut aussehend, sportlich, aber vor allem eins: bescheiden. Exilschwabe, zunächst im Saarland, jetzt in der (Kur)pfalz. War naiv genug zu glauben, dass mit dem Ende des Studiums (Wirtschaftsmathe in UL, Musikmanagement in SB) und dem Arbeitsalltag (Orchestermanagement in LU, jetzt MA) der Ernst des Lebens beginnt.

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Eine Antwort

  1. Hanna sagt:

    Blumen gehören abgeschafft auf der Bühne – und sei es meinetwegen unter dem Label „Nachhaltigkeit“. Gerade bei tourenden MusikerInnen ist das doch nur eine Quelle überflüssiger Unbequemlichkeit, oder? Selbst bei den (zukünftigen), „ach so innovativen“ Festival, das alles anders machen will (mal sehen…) und in dessen Fängen ich mich winde 🙂 musste es bei der Premiere Blumen geben. Wenn die wenigstens vom Intendanten oder einer anderen verantwortlichen Person übergeben werden würden….
    …. nun ja. Schimpfen wir nicht über Blumen. Der oben beschriebene Mechanismus ist davon ja unabhängig.

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