Jazzpolizei, die [f.]

Tatüta-wabndubida – ein neuer Gastbeitrag ist da!

… der fast nicht entstanden wäre, weil Martin S. [Anm. d. Red.: anonymisiert, da M. Seitz im MMAUVS-Zeugenschutzprogramm ist] schon sein ganzes Saxofonisten-Leben lang vor besagter Jazzpolizei flieht. Die Musikhochschulen in München, Nürnberg und Frankfurt – nirgends war er sicher vor der exekutiven Gewalt der Swing-Gestapo; kaum spielt man mal Free Jazz, wird man von der J. am Genick gepackt und unter dem Applaus der Umstehenden samt „Wir-Sind-Der-Jazz“-Gegröle aus dem Jazz-Keller gezerrt.

Aber hier und heute packt der anonym bleiben wollende Insider endlich aus:


 

Wenn Jazzmusiker (oder ihre Labels) ihre Konzerte und Platten als innovativ und unkonventionell anpreisen wollen, sprechen sie gerne von den strengen Regeln der Jazzpolizei und davon, wie einzigartig und wundervoll sie diese brechen. Puhhh…

Aber was bitte ist denn die Jazzpolizei? Zwei mögliche Deutungen:

Jazzpolizei, die [f.]

1. Ein oft umschriebener, allerdings personell selten konkret definierbarer Geheimbund von Jazz-Fundamentalisten jeden Alters, welcher sich der Wahrung der „reinen“ Lehre des Jazz (keine Cross-Over-Projekte, Genrevermischungen oder Kommerzialisierungen) verschrieben hat.

Lediglich die swingende Spielweise (Bsp.: Bill Cosby präsentiert swingende Frauen-Schlag-Techniken – streng nach den polizeilichen Richtlinien) der frühen Jahre des Jazz sowie ihre geradlinigen, gänzlich auf dieser Tradition basierenden Weiterentwicklungen besitzen laut der J. ästhetische Gültigkeit und dürfen auch als Jazz bezeichnet werden.

Bei Nichtbeachtung dieser Regel folgt die direkte verbale Abwertung eines unrein agierenden Musikers oder eine negativ ausfallende Konzert- oder Platten-Kritik.

Prinzipiell handelt es sich bei der J. um eine Untergruppe der Musiknazis.

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2. Ein primär im Münchner Raum agierender exklusiver Bund älterer, um den deutschen (Tanz-)Jazz der Nachkriegszeit verdienter Veteranen, welche sich auf Jazz-Konzerten über die moderne, nicht mehr nur triefende, kitschig swingende Jazzstilistik der Spielenden empören.

Häufig trifft man die J. ab 21.00 Uhr in Jazzkellern an.

Ihre Signature-Licks reichen von einem abfälligen „Pah!“ über das klassische „Sowas will doch keiner hören!“ bis hin zum „Wir haben früher Swing für die GI‘s gespielt – da haben alle noch gelacht und getanzt. Und der Amerikaner hat den Jazz [jats] schließlich erfunden!“.

Charakteristische Fortbewegungsmittel der J. sind teure Mercedes‘ mit Fell-Sitzbezügen, Cabrio-Züge oder Ausflugsschiffe.

Typischerweise sympathisiert die J. mit der Musik von Glenn Miller, Louis Armstrong, Benny Goodman und ähnlicher Künstler.

Insbesondere Free Jazz ist ihr hingegen ein Gräuel.

Die altersbedingt zunehmend verschwindende Münchner J. arbeitete jahrelang unter der Präsidentschaft der deutschen Swing-Legende Max Greger. Wer nach seinem Ableben 2015 als neuer Pate der Famiglia nachgerückt ist, wird bislang geheim gehalten.

Philipp Krechlak

Intelligent, charmant, gut aussehend, sportlich, aber vor allem eins: bescheiden. Exilschwabe, zunächst im Saarland, jetzt in der (Kur)pfalz. War naiv genug zu glauben, dass mit dem Ende des Studiums (Wirtschaftsmathe in UL, Musikmanagement in SB) und dem Arbeitsalltag (Orchestermanagement in LU, jetzt MA) der Ernst des Lebens beginnt.

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4 Antworten

  1. Huflaikhan sagt:

    Ihr wildert in meiner Enzyklopädie der Kritschen Masse, schämt Euch was.

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