„Musik – mit allem und viel scharf“ legt Betrugsfall im eigenen Haus offen

Ein Autor bei „Musik – mit allem und viel scharf“ (Mmauvs) hat in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert. Ausgelöst durch den Fall Relotius erhärtete sich in den vergangenen Tagen der Verdacht gegen Philipp Krechlak – der inzwischen Fälschungen zugegeben, das Haus aber noch nicht verlassen hat (nach eigenen Angaben findet er den Schlüssel nicht). Es könnten auch andere Medien betroffen sein.

Eine Rekonstruktion in eigener Sache von Sebastian Herold

Glanz und Elend liegen nicht weit voneinander entfernt in der Karriere des Philipp Krechlak. Wer ihn kennt, weiß: er existiert. Ein Aufsteigertyp. Kindergarten, Vorschule, Grundschule. Er hat gute Noten, baut sich seine Netzwerke auf. Später, im Studium, gründet Krechlak mit seinem Kommilitonen Holger K. einen Musikblog. Humorvoll soll er sein. Witzig. Noch ein drittes Wort mit ähnlicher Bedeutung.

Doch aus Witz wird schon bald Wahn. Krechlak schreibt viel, ist fleißig, sitzt bis tief in die Nacht vor dem Laptop. Er hat Erfolg. Seine Artikel werden geklickt, zwei-, drei- oder sogar viermal.

Doch das reicht ihm nicht. Es muss mehr sein. Krechlak wird ironisch. Und vergisst dabei, dass Ironie im Internet nicht funktioniert.

Lange kommt Philipp Krechlak damit durch, weil der Blog ohnehin nicht gelesen wird. Bis Redakteurin Juana Zimmermann als erste Person, die kein Bot ist, einen Text von ihm liest: den vermeintlichen Lexikonartikel “Jazzpolizei, die [f.]”. Es ist der eine Fake-Text zu viel. Denn diesmal gibt es eine Lektorin, die seinen Quatsch nicht mitmacht und Fakten gegen die Ironie hält.

Denn, was niemand für möglich gehalten hätte: Die von Krechlak mit lexikalischem Ernst beschriebene “Jazzpolizei”, die sich angeblich systematisch über moderne Spielarten des Jazz empört, existiert nicht. Recherchen der Mmauvs-Dokumentationsabteilung ergeben, dass weder bei Bundes- noch bei Landespolizeibehörden eine solche Angliederung bekannt ist. Zimmermann äußert ihre Zweifel intern. Die übrige Redaktion kann diese Vorwürfe kaum glauben. Krechlak? Ein Fälscher? Ausgerechnet der bescheidene Philipp?

Am vergangenen Donnerstag wird Krechlak mit den Anschuldigungen konfrontiert. Da ist der Druck schon zu groß. Er gibt es zu. Alles.

Dieses Geständnis ist für Mmauvs und die Redaktion ein Schock. Und es wirft die Frage auf: Sind auch andere Texte betroffen? Krechlak sagt: nein. Die Aufarbeitung ist noch im Gange, doch erste Untersuchungen ergeben, dass auch in anderen Artikeln Spuren von Ironie zu finden sind. Ein Schlag ins Gesicht für jeden seriösen Musikblogger. Kann man Philipp Krechlak überhaupt noch glauben?

Mmauvs bittet jeden und jede, die Krechlaks Ironie nicht verstanden haben, um Entschuldigung. Wir haben eine externe Kommission eingesetzt, die die Vorgänge unabhängig und lückenlos aufklären wird. So etwas darf nie wieder vorkommen.

Der Fall Krechlak ist ein Tiefpunkt in der vierjährigen Geschichte dieses Blogs. Er hat unseren seriösen Ruf massiv beschädigt und unsere Glaubwürdigkeit langfristig infrage gestellt. Ironie darf nie wieder einen Platz bei uns haben.

Sebastian Herold

Studiert Musikwissenschaft (M.A.) in Mainz. Würde nur promovieren, um seine Mitmenschen dann stets mit gönnerhafter Miene aufzufordern, sie mögen "den Doktor doch weglassen".

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