Klassisch ausgekontert 3:0 – Viererkette hinter dem Celloregister

Fußball und klassische Musik…

(Wie) passt das denn zusammen?! Viel mehr als es auf den ersten Blick scheint!
Die Gemeinsamkeiten zeige ich euch in dieser Miniserie. Gespickt sind meine Beiträge mit selten ganz korrekten Fußball-Zitaten, die so oder gar nicht so ähnlich Eingang in den Volksmund gefunden haben.

„Ich habe fertig“

Philipp Krechlak

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TEIL III

„Ab der 60. Minute wird Fußball Bruckner erst richtig schön. Aber da bin ich immer schon unter der Dusche.“

Andreas Herzog

Im Fußball gibt es etwa so viele Spielsysteme wie Mannschaften. Das hängt zum einen mit den individuell spielerischen Stärken und Schwächen einer Mannschaft zusammen und andererseits mit der taktischen Idee des Trainers. Der Begriff Libero sagt sicher jedem was (spätestens seit Torwartspieler Manuel Neuer für dessen unerwartete Wiederbelebung sorgt); ebenfalls Mittelstürmer und vielleicht auch noch Viererkette. Um die Jahrtausendwende wurde als taktische Ausrichtung ein 4-4-2 System beliebt. Gerne gespielt wird auch 4-3-3 oder – damit wurde Deutschland Weltmeister – 4-2-3-1.

Im Orchester gibt es ähnlich „kryptische“ Zahlenreihen. Die Mannschaftsstärke wird hier aber hauptsächlich von der aufliegenden Partitur, also dem Komponisten des Werks vorgegeben. Der Streichapparat – bestehend aus zwei unabhängigen Violinstimmen (ungleich: zwei Violinspielern), Bratsche, Cello und Kontrabass – bildet das quasi unveränderliche und niemals wankende Mittelfeld. „12er Besetzung“ etwa ist die Kurzform für 12/10/8/6/4, also 12 erste Geigen, 10 zweite, 8 Bratschen, usw.

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Variiert wird die Besetzung jeweils in Zweier-Schritten (14er, 16er), d.h. jeweils 2 Musiker mehr pro Stimme. Die Größe des gesamten Streichapparats hängt zum einen vom Klangwunsch des Dirigenten ab: Je mehr Streicher eine Stimme gemeinsam spielen, desto satter, massiger ist der erzeugte Sound.
Und zum anderen von der Besetzungsstärke der Bläser und Schlagwerker:
Direkt hinter den Streichern – und meist leicht erhöht – sitzen die Holzbläser. Sie sind die Stars der Mannschaft, Einzelkämpfer und brillieren mit langen Soli, ohne abzuspielen.
Sehr gängig ist ein 2-2-2-2. Der Tonhöhe nach sortiert bedeutet das: jeweils zwei Querflöten, Oboen, Klarinetten und Fagotte. Beispiel: Wenn keine Klarinetten besetzt sind, dafür aber sieben Flöten (wer macht denn sowas?!) also 7-2-0-2.

„Der Posauneneinsatz kam aus der Tiefe des Raumes.“

Karl Heinz Bohrer

… manchmal auch aus der Tiefe des Sekundenschlafs. Denn viel zu tun haben die Blechbläser eher selten. In vielen Werken wird das (tiefe) Blech degradiert zum Lautstärke-Verstärker – im Prinzip ein akustischer neongelber Textmarker für das Publikum.

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Oft wird dem Posaunensatz und/oder dem Tubisten sogar ein Platzverweis erteilt, weil sie in etlichen Stücken gar nicht mitspielen dürfen. Dann müssen – oder dürfen – sie runter von der Bühne. Doof ist nur, dass das nicht geht, wenn eine viersätzige Sinfonie gespielt wird, in der fürs Blech nur im ersten und im Finalsatz etwas zu tun ist. Dann heißt es, Geduld mitbringen. Oder Kreuzworträtsel en masse. 20 Minuten Pause oder 167 Takte zählen bis zum nächsten Einsatz sind keine Seltenheit bei Blechbläsern – mit Ausnahme der Hörner. Die werden – historisch bedingt und wegen der klanglichen Nähe zu den Holzbläsern – öfters eingesetzt. Das erklärt auch die – nicht an der Tonhöhe orientierte  – Sortierung einer typischen Brass Section: 4-2-3-1. Das bedeutet für die Aufstellung also: vier Hörner, zwei Trompeten, 3 Posaunen und eine Tuba. Klingt verwirrend? Ist aber so. Genau wie das folgende unbearbeitete Zitat:

„Der Rizzitelle und ich sind schon ein tolles Trio, … ähm, Quartett.“

(Jürgen Klinsmann)

Und dann sind da noch die Schlagwerker…

Jugendliche holt man von der Straße und beschäftigt sie in Jugendzentren mit Hiphop-Musicals und dergleichen, damit sie aus lauter Langeweile keinen Quatsch machen. Das Gleiche sollte man für Schlagwerker anbieten. Hoch motiviert, aber unausgelastet, mit leichtem Hang zu ADS. Und dann das riesige Arsenal an Spielzeug, das den Hooligans der Sinfonik Glanz in die Augen zaubert: Eine gaaanz schlechte Kombination…

Berühmt-berüchtigt: der locker 5 kg schwere Mahler-Hammer!

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Aber wie beim Fußball kommt es auch im Orchester darauf an: Zusammenspiel und Teamgeist!

Und darum kümmert sich der/die Wichtigste auf dem Spielfeld aka Bühne; er/sie gibt Einsätze und das Tempo vor, mischt live die Lautstärke der einzelnen Instrumente ab, undundund…

„Es war die Hand Gottes.“

(Diego Maradona)

Philipp Krechlak

Intelligent, charmant, gut aussehend, sportlich, aber vor allem eins: bescheiden. Exilschwabe, zunächst im Saarland, jetzt in der (Kur)pfalz. War naiv genug zu glauben, dass mit dem Ende des Studiums (Wirtschaftsmathe in UL, Musikmanagement in SB) und dem Arbeitsalltag (Orchestermanagement in LU, jetzt MA) der Ernst des Lebens beginnt.

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