Medienakte ‚Garrett‘
#satireoff – Auch wenn die Klassik oft ziemlich nobel ist, Kunst als Widerspruch zu Gewalt verstanden werden kann, wir doch eigentlich der witzige Döner-Blog sind, müssen auch wir mal über etwas sehr Unlustiges berichten.
Yay: Die Klassik (eigentlich eher “Klassik”) hat es in die breite Medien-Öffentlichkeit geschafft. Stern, Bild, Focus, Süddeutsche und sogar Gala sind dabei. Nur leider ist das Thema so gar nicht ‘yay’. Eher so richtig scheiße: Es geht um eines der miesesten Verbrechen, das die Menschheit erfunden hat und von dem man leider täglich lesen muss: sexuelle Gewalt. Es geht um David Garrett und seine Ex-Freundin Ashley Youdan alias Kendall Karson, von der niemand bisher wusste, dass sie Garretts Freundin ist/war. Garrett wird vergeklagt, wenn man den Medien soweit folgen und glauben mag, Youdan Körperverletzung durch “bizarre Sexpraktiken“ beigefügt zu haben. – Ob man Blümchen-Sex oder eher BDSM-Sex als ‘bizarr’ titulieren möchte, ist wahrscheinlich Geschmackssache. – Garrett streitet jegliche Gewalt gegen Youdan ab und gab deswegen sogar der Welt ein Exklusiv-Interview – dessen Verlagsgruppe ihm dafür in allen ihren Blättern treu zur Seite steht.
Vielleicht meint nun der ein oder andere, dass Youdan als einstige Pornodarstellerin was auch immer für Praktiken doch mögen würde, und Garrett (wie viele Fans es tun s. Twitter #foreverbyyourside) beistehen. Dem möchte ich hier entschieden widersprechen. Selbst wenn man eine bestimmte sexuelle Praxis bevorzugt (z.B. dieses ‘bizarre’ Frau unten, Mann oben) und diese schon 100 Mal mit diesem einem Gegenüber so gemacht hat, bleibt es eine Vergewaltigung, wenn einer der Beteiligten es das 101. Mal nicht wollte. Bei BDSM wird die Sache in der Außenbeurteilung sehr schwierig, weil Gewalt und Unterdrückung u. U. auch dazu gehören. Der Unterschied zu einer Vergewaltigung besteht auch hier im beidseitigem Einverständnis.
Kommt es zu einem Gerichtsverfahren steht meistens Aussage gegen Aussage. Youdan habe angeblich Tonmaterial, das ihre Ansicht beweisen soll. Leider steigt seit einigen Jahre die Rate der Falschbeschuldigen bei Vergewaltigungen. Was nicht nur zum Schaden der zu Unrecht Beschuldigten ist, sondern auch für die Glaubwürdigkeit wahrer Opfer.
Gerne hätte man es so, dass Verbrechen nur im Dunkeln im Wald von bösen Menschen, die böse aussehen, vollbracht werden. Leider sieht die Realität anders aus. 80% der Täter stammen aus dem sozialen Umfeld der Opfer von Vergewaltigungen.
Mindestens einer von beiden lügt. So viel ist klar. Ein Urteil zu fällen auf Grund von Interviews und Medienberichten ist absurd. Verloren haben sie beide. Sollte Garrett die Wahrheit gesagt haben, wird Youdan kaum einer mehr glauben, sollte ihr so etwas tatsächlich mal passieren. Wer einmal lügt, … . Zudem steht ihr womöglich eine Klage wegen Rufschädigung ins Haus, die vermutlich nicht ohne sein wird. An Garrett wird trotzdem ein immenser Rufschaden bleiben (s. Kachelmann). Sollte Youdan die Wahrheit sagen, ist dieses Leid unvorstellbar.
Deshalb werden wir zu dieser Causa erst einmal nicht weiter berichten und appellieren an alle, höchste Sorgfalt walten zu lassen, keine Gerüchte zu schüren und die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten. Obwohl es dank der Klatschpresse dafür eigentlich zu spät ist. Missbrauch ist schrecklich, gehört aufgeklärt und bei Personen des öffentlichen Lebens an die Öffentlichkeit. Doch ein Urteil kann nur die Justiz sprechen. Bedauerlicherweise werden zu oft Urteile von Medien und Mob gefällt, sodass ein richterlicher Freispruch bzw. eine Verurteilung dann nur noch eine Randnotiz wert sind. Gegebenenfalls kommt es zu einem Aufschrei gegen die Justiz, wenn sie sich “falsch” (=anders als der Mob) entschieden hat.
So oder so. Das ist nicht unser Job. #hoffentlichbaldwiedersatireon
P.S. Wer immer noch nicht wahrhaben will, dass auch Musikerinnen und Musiker Verbrecher sein können, lese das hier:
„Auch böse Menschen haben Lieder“ von Johanna Adorján – http://www.faz.net/-gqz-8hn85
Er wird nicht angeklagt, sondern verklagt. Es gibt keinen Strafprozess gegen ihn.
Geändert. Vielen Dank dafür.