Gekonnt & ignoriert | Neuland.Lied #hdf17

Lied.Lab – so sind zwei der insgesamt 16 Veranstaltungen bezeichnet, die zusammen den kompakt auf ein Wochenende konzentrierten Schwerpunkt Neuland.Lied beim diesjährigen Heidelberger Frühling (HDF) bilden. Die beiden Konzerte sind konkurrenzlos jeweils am Freitag- und Samstagabend um zehn platziert – in der Klassik geht so was locker schon mal als Late Night Special durch, ich bin da trotz Arbeitsalltag selten schon daheim los gekommen Richtung Bars. Studenten nennen es auch „dienstags“.

Wie auch immer: Da finden also zwei Perlen von Konzert statt, jeweils das Resultat harter und genialer Arbeit von Studierenden der Musikhochschule Mannheim. Das erste unter dem nichtssagenden, weil frühzeitig in die Druckerpresse berufenen Titel „Tanz, Lied, Jazz“ #somuchwow – ein Jazzquartett, zwei Singer-Soundkünstler und die Tanzabteilung entwickeln gemeinsam aus Liebesgedichten des Ingeborg-Bachmann-Preisträgers Michael Lentz eine furios-packende, sehr runde Performance zwischen Free Jazz, südamerikanisch angehauchten Songs und wilden Percussion-Sprints, wertvoll angereichert mit Paartanz-, Show- und Tanzbattleeinlagen. Beides, Tanz und Musik, ergänzen sich super, ja, reagieren aufeinander in großzügig ausgebreiteten Improvisationsteilen und inspirieren sich dort gegenseitig – mit die stärksten Momente des Abends. Das andere Konzert: auch geil – aber ich schweife ab. (Unser stillschweigender Blogkodex verbietet ja „reine“ Konzertkritiken.)
Kurz zusammengefasst – da ist was explodiert im Festivallabor. Neues gewagt und gewonnen!

Alles also gut? Nein. Mein Problem ist nämlich folgendes:

Medienecho? Nada, niente, lautes Schweigen. Die beiden lokalen Zeitungsplatzhirsche Mannheimer Morgen und Rhein-Neckar-Zeitung ignorieren das Lied.Lab, auf jeden Fall sagt das meine Onlinerecherche. (Der Mannheimer Morgen erwähnt immerhin das Format am Rande eines Interviews, die RNZ hat sich 2016 zuletzt die Mühe gemacht, einen Pressetext als Ankündigung für ein Konzert aus der Reihe auf die eigene Webseite zu packen.) Überregional erwartetermaßen noch weniger, die WELT lässt sich in einem Beitrag zum Thema Kunstlied immerhin zu dem Satz hinreißen:

„Zudem bietet man auch Raum für frische Ideen und versteht sich als Zukunftslabor: Lied trifft auf Tanz, Literatur, Videokunst und Drama, […]“.

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Kurz vor dem Resignieren noch ein detaillierterer Blick zu niusic, dem selbst ernannten „Onlinebiotop für Klassik und Musikkultur“, weil

  1. der Startschuss dafür auf dem HDF 2016 geschah und eine enge Bindung besteht (ausgewählte Musikjournalismus-Akademisten des HDF werden bei niusic als Nachwuchsschreiberlinge angeheuert),
  2. die angepeilte Zielgruppe irgendwo zwischen Mid-twenties und Thirty-somethings liegt und
  3. das Magazin zum 1. Geburtstag einen Themenschwerpunkt „Kunstlied“ gestartet hat unter dem Titel „Liederfrühling auf niusic“ (Nachtigall, ick hör dir trapsen…). Also alles in allem doch sehr feine Voraussetzungen, um dort etwas über das Lied.Lab zu lesen!!

… und meine Hoffnungen so beim Durchklicken der Beitragsübersicht:

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„Ich habe heute leider kein Foto für dich.“

Klar, es passiert so viel gleichzeitig da draußen. Und selbst auf dem HDF folgt Höhepunkt auf Höhepunkt, wer kann da überhaupt noch Schritt halten? Aber keine – in Zahlen: null – Erwähnung von irgendjemandem? Auch nicht über den Facebookauftritt des HDF oder den alles innerhalb von Sekunden verzeihenden Twitteraccount? #sadbuttruebutsad
Besonders bitter: Selbst in die Neuland.Lied-Bildergalerie auf der Facebookseite des HDF schafft es kein einziges Foto vom Lied.Lab.

Alle wollen Neues, so scheint es, Uraufführungen, Experimente, den Mut zum Scheitern. Aber bitte nur ein bisschen. So, dass es halt nicht weh tut.

Schadé, wie der Franzose sagt.

„Nur Musikstudenten und damit keine Namen, die ziehen“, sage ich.

 

UPDATE: Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete in ihrer Printausgabe vom 12. April über das zweite Konzert „Gesänge des Daseins“.

Philipp Krechlak

Intelligent, charmant, gut aussehend, sportlich, aber vor allem eins: bescheiden. Exilschwabe, zunächst im Saarland, jetzt in der (Kur)pfalz. War naiv genug zu glauben, dass mit dem Ende des Studiums (Wirtschaftsmathe in UL, Musikmanagement in SB) und dem Arbeitsalltag (Orchestermanagement in LU, jetzt MA) der Ernst des Lebens beginnt.

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